Gut leiden können sich Sabine Leimstoll und Martina Sorg ohne hin nicht. Soch seit sie sich das Großraumbüro mit vier Kolleginnen in der Sachbearbeitung teilen, herrscht regelrecht dicke Luft zwischen den Kontrahentinnen. Ausgetragen werden die Animositäten gerne darüber, ob und wann das Fesnter offen steht oder wie hoch im Winter die Heizung gedreht wird.
„Solche Konflikte schildern uns Vorgesetzte und Energiemanager immer wieder“, sagt Friedrich Riempp. Diese belasteten nicht nur den Betriebsfrieden, sondern gehen auch ganz schön ins Geld, wenn im wahrsten Sinne des Wortes zum Fesnter hinaus geheizt wird oder die Klimaanlage bei offenem Fesnter leerläuft. Dann finden regelrechte Machtkämpfe statt, die die Konzentration am Arbeitsplatz gefährden.
Softwarebasiertes Managementsystem
„Unser Software-basiertes Energiemanagementsystem haben wir 2013 zwar serienreif gemacht, um in Schnitt 20 Prozent Energieverschwendung je nach Arbeitsplatz zu vermeiden, aber mancherorts wird emsyst 4.0 auch installiert, um Konflikte zu entschärfen“, sagt der Geschäftsführer der gleichnamigen Oberboihinger Firma.
Ein solches System erfasst via Sensoren und Messtechnik einerseits sämtliche Verbrauchsquellen wie etwa Heizkörper, Klimaanlage oder Kühlschrank in der Kaffeeküche, andererseits aber auch etwaTemperatur, Helligkeit oder Bewegung im Raum. Alle Daten fließen im Rechner zusammen und werden gemäß der Programmierung aufeinander abgestimmt.
Mehr noch: Die einzelnen Systeme werden miteinander verknüpft. Steht also ein Fenster offen, senkt sich die Heizung ab. Denn wenn Martina Sorg zu frieren beginnt, macht sie fast zwangläufig das Fenster zu. Andererseits kann die verfrorene Sabine Leimstoll nicht am Regler drehen, weil die Heizung ohnehin auf 21 Grad eingestellt ist. „Unser System funktioniert quasi demokratisch, weil es immer die Situation herstellt, auf die sich ein Team zuvor geeignet hat“, sagt Riempp.
Wie zeitgesteuerte Lichtschaltung Ärgernis verhindert
Die Sachbearbeiterinnen in diesem Fall einer Vertriebsabteilung im Rheinland kennen das Prinzip bereits vor ihrer Bürotoilette. Dort geht das Licht seit drei Jahren nach fünf Minuten automatisch aus, wenn keine Bewegung erfolgt. Der Hausmeister hatte die Melder in allen WC’s installiert, nachdem die Beleuchtung oft über Nacht gebrannt hatte. Auch das war ein Ärgernis unter den Kollegen, das mit ein bisschen Technik dauerthaft unterbunden werden konnte.
Abstimmung im Besprechungsraum
Sorg und Leimstoll sind auch verantwortlich, die Besprechungsräume auf ihrer Etage herzurichten, wenn etwa Vertriebsmeetings anstehen. Aber gerade weil sie sich zu wenig absprechen, kommt es immer wieder zu Missverständnissen, so dass etwa im Winter Räume nicht temperiert oder im Sommer nicht klimatisiert sind. Die Folge: Kurzfristig werden Heizung oder Klimaanlage bis zum Anschlag aufgedreht und das Ziel übertroffen, so dass zu Beginn einer Besprechung im Winter erst die überschüssige Wärme hinausgelütet wird.
„Mit einem Energiemanagementsystem können Sie im Vornhinein festlegen, wann welche Temperatur erreicht sein soll“, sagt Riempp. Mit seinem System lassen sich ganze Szenarien hinterlegen, die etwa Raumbelegungen via Outlook, zwischen Werktag und Wochenende unterscheiden, die Sommerzeit automatisch berücksichtigen oder Feiertage und Betriebsferien. Dann schaltet etwa der Getränkeautomat für ein definiertes Zeitfenster Kühlung ab und vieles mehr.
Entlastung für den Haustechniker
In vielen Häusern findet hier die größte Verschwendung statt. Denn oft ist die Haustechnik so komplex, dass der Hausmeister entweder ohnehin die Hände davon lässt oder die Regler mangels differenzierter Sachkunde manuell bedient werden und letztlich dann alle weit geöffnet sind, damit aus den Büros keine Klagen kommen. Denn gelüftet ist, wie das Beispiel zeigt, schnell. Deshalb entlasten Softwarelösungen auch die Haustechniker.
Diese Themen Heizen und Lüften, die für Bürokräfte elementar sind, sind für Energie- oder Facility Manager aber nur ein Baustein unter vielen. emsyst 4.0 erfasst etwa auch, wie viel Eigenstrom aktuell die Photovoltaikanlage auf dem Dach oder das Blockheizkraftwerk im Keller produziert. Auch diese Daten sind mit einem Programm hinterlegbar, das zum Beispiel definiert, wann dieser Strom in den hauseigenen Speicher geht, den die Geschäftsleitung kürzlich bewilligt hat; in die Batterie der E-Mobilität auf dem Firmenparkplatz oder in den sofortigen Verbrauch.
Lastmanagement
Mit solchen Systemen lässt sich das Lastmanagement eines Unternehmens steuern, was erst techt Geld spart und die Eigenverbrauchsquote optimiert. Riempp: „In unserem System können Sie mit einem Ampel-Farb-Prinzip zum Beispiel einen Lastkorridor hinterlegen, in dem sich der Verbrauch bewegen soll.“ Geht dann der Strombedarf in Geld, schaltet sich befristet eine nicht systemrelevante Verbrauchsquelle wie etwa ein Kühlschrank temporär ab oder der hauseigene Speicher zu.
Fazit
In Summe sind das Bausteine, die die Netzstabilität verbessern und die Nachfrage, die zunehmend durch saisonale Energiequellen wie Sonne oder Wind variabel werden, verstetigen und puffern. Deshalb sind solche Lösungen bei gleichbleibendem Komfort im Kontext der Energiewende und der Ziele des Pariser Klimagipfels zu sehen. Demnach soll sich die Erde bis 2050 um maximal zwei Grad erwärmen.
21.09.2016
Erstellt von Michael Sudahl
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